
Was passiert wenn KI in das SEO eingreift
Die Suchmaschinen kämpfen an zwei Fronten und haben keinerlei Übersicht mehr
*
Podcast
Sie haben die Möglichkeit den Bericht „Was passiert wenn KI in das SEO eingreift“ zu hören.
Dauer: 7:23 Minuten
Ein aktuelles SEO-Experiment zeigt uns, dass die Suchmaschinen nicht mit KI-generierten Inhalten zurecht kommen.
KI bedroht Googles Geschäftsmodell der Internetsuche an zwei Fronten: Chatbots wie ChatGPT könnten eines Tages die primäre Art und Weise werden, wie Menschen digitale Informationen abrufen.
Zum anderen, und das ist die unmittelbare Bedrohung, drängen immer mehr KI-generierte Inhalte ins Internet. Google muss trotz dieser wachsenden Flut von Inhalten gute Suchergebnisse liefern.
Google hat KI-Spam bisher nicht im Griff
Beide Bedrohungen verstärken einander: Je schlechter die Internetsuche wird, desto attraktiver werden Chatbot-Alternativen. Für Google könnte sich daraus eine Abwärtsspirale ergeben.
Schon seit Monaten kann man beobachten, wie sich Google mit KI-Inhalten schwertut. Im Juni zeigte eine Studie von Newsguard, wie schnell Nachrichtenseiten mit reinem KI-Content wachsen.
Sie posten teilweise hunderte oder mehr als tausend Beiträge pro Tag – und erzielen mit diesen Spam-Strategien Millionen von Zugriffen.
Vermutlich sieht auch Google die eigenen Hände gebunden, denn der Konzern hat bereits erklärt, KI-Inhalte nicht pauschal abwerten zu wollen, sondern sich am Nutzen zu orientieren. Und Nützlichkeit ist ein dehnbarer Begriff.
Würde Google nun ein Exempel gegen KI-Content statuieren, müsste es möglicherweise seine eigene Strategie rund um KI-Content kritisch hinterfragen lassen. Die Google Strategie zu KI-Content unterscheidet letztlich nicht grundlegend von den KI-Content-Seiten. Die Zielvorgabe ist nämlich mit KI automatisch Antworten auf gängige Internet Fragen zu generieren.
Der große SEO-Überfall des Jake Ward
Der SEO-Experte Jake Ward hat das Prinzip des KI-Spams jetzt erfolgreich auf die Spitze getrieben. Seine Aktion, die er „SEO-Raubüberfall“ (SEO Heist) nannte, brachte ihm mit minimalem Aufwand in kürzester Zeit massiven Traffic.
Zunächst scannte Ward die Websites seiner Konkurrenten. Auf diese Weise erhielt er eine umfangreiche Liste vorhandener Inhalte, die er als Ausgangspunkt für die Generierung neuer Content-Ideen und Artikelstrukturen per KI nutzte.
Ward nutzte dazu das GPT-4-basierte SEO-Tool Byword, mit dem er die Artikel auf Basis der Vorschläge generieren und direkt in das Content-Management-System übertragen ließ.
Mit dieser Methode veröffentlichte Ward innerhalb weniger Stunden 1.800 Artikel, die ihm seit Projektbeginn 3,6 Millionen Besuche und 13.000 Keywords auf der ersten Google-Seite einbrachten.

Auf X (vormalsTwitter) erntet Ward für seine Aktion massive Kritik aus der SEO-Szene. Sein Vorgehen sei unseriös, er sei ein Nestbeschmutzer und Internet-Verschmutzer, heißt es.
Wohl auch, weil den SEOs klar ist: Wenn solche Aktionen funktionieren, hat Google ein grundsätzliches Problem. Und wenn Google ein grundsätzliches Problem hat, könnte sich das negativ auf ihr Geschäft auswirken.
Szenario 1: Menschen retten Google
Doch wie könnte Google reagieren? Wie bereits erwähnt, hat der Konzern deutlich gemacht, dass er KI-Inhalte nicht pauschal abwerten wird – und mangels zuverlässiger Detektoren wohl auch nicht abwerten könnte.
Eine Maßnahme wäre, dass Google verstärkt auf verifizierte menschliche Inhalte setzt, also auf verifizierte Autoren, etwa Fachredakteure. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits.
So listet Google neuerdings bei News neben der Publikation auch den Namen des Autors oder der Autorin einer Nachricht auf. In der Google-Suche „Perspectives“ erscheinen etwa Beiträge aus sozialen Medien. Weitere Mensch-Integrationen in Google-Produkte sollen in Entwicklung sein.
Das ist das Szenario: Menschen retten Google.
Aber es könnte Google teuer zu stehen kommen, denn Menschen wollen für ihre Arbeit bezahlt werden. Und der Tausch von Inhalten gegen Reichweite wird auf Dauer nicht ausreichen, wenn Google als alleinige Internetweiche an Relevanz verliert.
Dass Google ungern bereit ist, für die Nutzung fremder Inhalte zum Zwecke der Monetarisierung zu zahlen, zeigen jahrelange Verhandlungen mit Nachrichtenverlagen weltweit. Der Suchkonzern wird es daher tunlichst vermeiden, langfristig auf den Faktor Mensch zu setzen. Zu teuer, zu arbeitsintensiv und nicht skalierbar.
Szenario 2: KI rettet Google
Wahrscheinlicher ist daher das zweite Szenario: Der Suchkonzern wird schlicht selbst zum führenden KI-Publisher.
Die „Search Generative Experience“ und die gigantischen KI-Modellprojekte wie Gemini zeigen, worauf Google wirklich setzt: Wie die großen sozialen Plattformen entwickelt sich Google zu einer geschlossenen Plattform, die den Nutzer nur dann auf eine externe Website verweist, wenn es unvermeidlich ist.
Eine Antwortmaschine, wie sie Google-Miterfinder Sergey Brin schon 2005 vorschwebte: „Die perfekte Suchmaschine wäre wie der Geist Gottes.“ Insidern zufolge ist Brin heute wieder voll in die Entwicklung von Google involviert, nachdem er sich schon aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hatte.
Zwei Fragen bleiben offen: Wird rein KI-generierter Content gut genug für Googles Pläne sein, wobei hier insbesondere die Verlässlichkeit der Informationen eine große Rolle spielt? Heutige KI-Systeme müssen noch grundlegend verbessert werden, damit sie nicht zu Fake-Info-Schleudern werden, wie es Microsoft mit seinem Bing Chatbot oder MSN.com passiert.
Und wird es Google gelingen, einen sanften Übergang vom Alten zum Neuen zu schaffen, ohne dass ein Wettbewerber signifikant Marktanteile gewinnt? Beispiele wie das von Ward lassen derzeit daran zweifeln. Aber die Entwicklungen sind so rasant, dass es sich hierbei bestenfalls um eine Momentaufnahme handelt. Noch hält Google viele Trümpfe in der Hand.
Report Hinweis
Dieser Artikel erschien zuerst auf: The Decoder

